Michael Youngs jüngstes Projekt für die Veerle Verbakel Galerie unterstreicht die Dualität von Design


Die Kunst der Industrie

Von Wava Carpenter

„Bei Design geht es nicht um Marketing. Es geht um Industrialisierung. Mich interessiert Design als industrielle Kunst, nicht nur in limitierter Auflage, sondern in der Größenordnung der Massenproduktion.“

Diese Worte kommen von einem echten Industriedesigner: Von dem in Großbritannien geborenen und in Hong Kong ansässigen, mehrfach preisgekrönten Designer Michael Young, der im Laufe der letzten 20 Jahre Autos, Fahrräder, Uhren, elektrische Schalter, Radios, Stühle, Beleuchtung, akustische Verkleidungen und mehr für eine Reihe an internationalen Marken konzipiert hat. Trotz der großen Bandbreite seiner Produktion zeigen seine Arbeiten, dass er ein Verfechter klassischer Designprinzipien ist, der Technologie und rationales Designdenken nutzt, um Objekte und Mechanismen zu produzieren, die die Funktionalität, den Nutzen und den Komfort im Alltag großer Populationen optimieren.

In Anbetracht von Youngs Leidenschaft, Produkte für den Massenkonsum zu kreieren, überrascht es vielleicht, dass sein jüngstes Projekt Metal Rock für die Veerle Verbakel Gallery in Brüssel eine limitierte Kollektion aus 12 einzigartigen, handgefertigten Möbel-Objekten ist und demnach aus Sammlerstücken, also Design-Kunst, besteht. Aber ein kurzer Blick auf den forschungsbasierten Prozess hinter Metal Rock macht sofort deutlich, dass Young sich nie weit vom Industriellen entfernt, welches für ihn— und ebenso für die in Belgien geborene Galeristin Veerle Verbakel—eine eigene Kunstform ist.

Nachdem er jahrelang die Möglichkeiten erforscht hat, die Aluminium als Material bietet—Beispiele hierfür sind seine Designs für Brionvega, Emeco, Giant und EOQ—entdeckte Young das ungenutzte Potenzial von gespritztem anodisiertem Aluminiumschaum. Er begann mit Fabriken in Hong Kong zusammenzuarbeiten, um seine eigenen Werkzeuge zu entwickeln, mit denen er geschmolzenes Aluminium mit Luftblasen füllen kann, gefolgt von einem zweiten Prozess, der Farbe in die freien Oberflächen einbindet während das Material abkühlt. Diese experimentellen Techniken erlauben es Young, die Formbarkeit des Materials im Hinblick auf zukünftige Verwendungen zu testen. Dabei hat er eine künstlerische Möglichkeit entdeckt. Die Objekte, die aus den industriellen High-Tech Prozessen hervorgehen, haben eine unerwartet erdige und mineral-artige Beschaffenheit. Sie sind von einer seltsamen, geologischen Schönheit, wie Mondgestein oder Achat, das man in einer Höhle gefunden hat. Die fertigen Stücke werden in Handarbeit vollendet und so entsteht aus dem Groben etwas Wertvolles.

 Verbakel ist so begeistert von dem Projekt, dass sie es zur Debut Kollektion ihrer neuen Galerie gemacht hat. „Michael Young ist einer der interessantesten Beitragenden zu den Ideen, die es heutzutage zur Materialität gibt. Als Designer ist er wie ein Nomade und Jäger, er gehört zu den Progressivsten im Bereich der Designtechnologie. Michael Youngs Ziel ist es, über das, was es gibt, hinaus zu gehen, in Bereiche der Materialität wo noch niemand gewesen ist.“

Dieser Ansatz passt perfekt zur Mission ihrer Galerie, die sie als „die Dualität von Design“ zusammenfasst. Verbakel erklärt: Mich fasziniert der schmale Grat zwischen Kunst und Design, zwischen industriellen Waren und Luxusartikeln. Deswegen beauftrage ich Designer damit, einzigartige Kunstobjekte zu kreieren, indem sie hochwertige industrielle Materialien und Techniken verwenden.“ Andere aktuelle Projekte sind beispielsweise eine Zusammenarbeit mit der ältesten Firma für Luxusartikel aus feinem Leder, welche sich in Brüssel befindet und einem in Brüssel ansässigen Designer. Verbakel fügt hinzu: „Ich würde in naher Zukunft gerne mehr in Asien unternehmen, besonders in Ho-Chi-Minh-Stadt, weil dort Design so nah an der Produktion ist. Es ist ein fantastischer Ort, um zu experimentieren, ich liebe die schnelle Atmosphäre.“

Verbakel ist begeistert davon, was sie mit Young erreicht hat. „Er ist ein wenig wie ein Rock Star, aber auf eine sehr gute Art. Er schafft es Industrie, Technologie und Innovation in deine Einrichtung zu bringen. Er wird dein Freund, genau wie seine Objekte. Alle seine Objekte sind mit Liebe gemacht. Und ich schätze sie sehr.“

  Die industrielle Anlage, die Michael Youngs Metal Rock Kollektion produziert Foto © Michael Young Studio

 

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    • Wava Carpenter

      Wava Carpenter

      Seit ihrem Studium in Designgeschichte an der Parsons School of Design hatte Wava schon in vielen Bereichen der Designkultur den Hut auf: sie lehrte Designwissenschaft, kuratierte Ausstellungen, überwachte Auftragsarbeiten, organisierte Vorträge, schrieb Artikel und erledigte alle möglichen Aufgaben bei Design Miami. Wava lässt den Hut aber im Büro – auf der Straße bevorzugt sie ihre Sonnenbrille.
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      Alexis Braine

      Alexis ist in Paris geboren und ist einer unserer wundervollen französischen Übersetzer. Er studierte Fremdsprachen sowie Übersetzungswissenschaften, mit Schwerpunkt auf Ökonomie und Rechtssprache. Er zog 2014 nach Berlin und arbeitete seitdem als Übersetzer für verschiedene Design- Unternehmen. Alexis lässt sich gerne von Vintage Designs der 1960er bis 1980er Jahre inspirieren und lässt sich gerne von Jazz berieseln. 

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      Natalia di Giammarco

      Natalia ist in Rom geboren und aufgewachsen. Dort studierte sie Fremdsprachen im Bachelor und zog für ihren Masterstudiengang nach Berlin. Obwohl sie die Anmut ihrer Heimatstadt vermisst, hat sie Berlins Exzentrizität immer schon fasziniert. Sie interessiert sich für gutes Kino, Reisen, gutes Essen und Theater- liegt aber auch gerne für ein paar Stunden in der Sonne und entspannt mit einem Buch in der Hand.  

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      Annika Hüttmann

      Annika ist umgeben von skandinavischem Design zwischen Norddeutschland und Südschweden aufgewachsen. Für ihr Literaturstudium zog sie nach Berlin und entdeckte dort ihre Leidenschaft für deutsche Vasen aus den 1950ern-70ern, von denen sie inzwischen mehr als 70 Stück besitzt.

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