Gispen

Niederlande

Willem Hendrik (W. H.) Gispen, Pionier in niederländischem Funktionalismus, wurde 1890 in Amsterdam geboren. Bevor der Erste Weltkrieg ausbrach, studierte er an der Akademie für Bildende Künste & Technische Wissenschaften in Rotterdam. 1916 gründete er eine Metallwerkstatt unter seinem Namen und widmete sich dort der Arbeit mit dekorativer Eisen-, Messing- und Bronzekunst. In diesen frühen Jahren waren unter seinen Werken sowohl expressionistische, als auch Jugendstil-Stücke zu finden.

Durch Begegnungen mit einflussreichen theoretischen und praktischen Vertretern der Moderne, wie zum Beispiel der De Stijl Architekt J. J. P. Oud, der Architekt Hermann Muthesius des Deutschen Werkbundes und der puristische Architekt Le Corbusier, bewegte sich das Unternehmen Gispens immer weiter auf mechanisierte Produktion und rationelle, ökonomische und minimalistische Designs zu. Die geometrisch reduzierte Lampe Giso Light von 1926/1927 bildete den Höhepunkt dieser erst frisch entdeckten Verbundenheit zum Funktionalismus und gilt heute als eines der herausragendsten Kultstücke der Niederlande und war schnell gefolgt von seinem ersten Stahlrohrstuhl, dessen Design von den Arbeiten von Ludwig Mies van der Rohe und Mart Stam inspiriert wurde. Auch mit seiner Werbung folgte Gispen mit der Anwendung modernster Drucke und Fotocollagen von Künstlern wie Graphiker Paul Schuitema und Fotograf Jan Kamman ganz dem avantgardistischen Geist jener Zeit.

Der Erfolg der 20er Jahre wurde von schweren Zeiten abgelöst. Der Börsencrash von 1929 und die darauffolgende Weltwirtschaftskrise brachte die Firma fast zum Bankrott. Als Reaktion auf die Umstände wurde Gispen neu organisiert und der Schiffsbauingenieur W. van Osselen wurde als Co-Direktor eingestellt, um eine viel versprechende Büromöbelreihe aus Stahl zu entwickeln. Mehrere Patentklage-Prozesse, vor allem jene von Stam und van der Rohe, erschwerten das Wachstum des Unternehmens in den 30er Jahren weiter. In den 40er Jahren dann wurde W. H. Gispen für seine Proteste gegen die Zensur der Reichskulturkammer der Nazis inhaftiert. 1949 trat er aus seiner eigenen Firma zurück, da die künstlerischen Spannungen mit van Osselen immer weiter anwuchsen.

Heute ist die Firma weiterhin unter dem Namen Gispen International BV in der Reproduktion der originalen Entwürfe W. H. Gispens tätig und entwickelt nebenbei neue Produktpaletten für Büromobiliar. Das Stedelijk Museum in Amsterdam organisierte 1981 die erste Ausstellung, die gänzlich Gispen gewidmet war und sich vorrangig auf Lampendesigns von 1916 bis 1949 konzentrierte. Die von Oud und Gispen entworfene und von der Firma Gispen produzierte Giso Model 404 Piano Lamp (1927/1928) ist in mehreren Museumssammlungen zu finden, darunter Cooper Hewitt, Smithsonian Design Museum und Museum of Modern Art in New York, sowie Wolfsonian in Miami.