Vintage-Händler verraten uns, welche Designstücke sie sich zu Weihnachten wünschen


Schöne Bescherung

1063 Stehlampe von Gino Sarfatti für Arteluce (1954) Foto © Cadmium
Weihnachten steht vor der Tür und damit auch die Freude am Schenken. Wir sind alle auf der Suche nach besonderen Geschenken für unsere Liebsten. Wir haben dieses Jahr ein paar Vintage-Experten befragt, welche Stücke sie sich zu Weihnachten wünschen und welche sie empfehlen. Im Folgenden führen wir einige unvergessliche Schätze auf, die über Jahre hinweg Freude bereiten. 

Wouter Stoffels von Cadmium

Wie viele von uns, interessierte sich auch Wouter Stoffels zuerst für Vintage Design durch Klassiker der amerikanischen Designmeister wie Charles und Ray Eames und George Nelson. Neben seiner Arbeit für einen großen Design-Megamarkt durchstöberte Stoffels Flohmärkte und Nachlässe auf der Suche nach ikonischen Originalen für sein eigenes Zuhause. Es dauerte nicht lange, bis ihn seine Neugierde und seine Liebe für ausgeklügelte Formen dazu trieb, über die „üblichen“ – wie er sie jetzt bezeichnet – Stücke hinauszusehen. Mit der Eröffnung von Cadmium in der holländischen Stadt Heerlen wurde vor vier Jahren aus einem Hobby ein Beruf.

Als wir ihn nach seiner Wunschliste zu Weihnachten befragten, zögert Stoffels nicht mit der Erwähnung von Gino Sarfatti’s 1063 Stehlampe für Arteluce (1954). „Mitte des Jahrhunderts war Sarfatti in der Neuerfindung von Formen und Techniken seinen Zeitgenossen weit voraus“, so Sarfatti. „Er war wahrlich ein Visionär, dessen Einfluss auf Beleuchtungsdesign heute noch spürbar ist. Das erstaunliche am Modell 1063 ist, dass sie aussieht, als wäre sie gestern entworfen worden. Die Vintage Originale sind seltene Funde. Leider habe ich nie ein preiswertes Exemplar gefunden. Ich hoffe also, dass mich jemand sehr sehr gerne hat und mir eine zu Weihnachten schenkt.“

B33 Freischwinger Stuhl von Marcel Breuer für Thonet (ca. 1933) Foto © Garage
Andreas Eriksson von Garage

Der schwedische Vintage-Spezialist und Rock-n-Roll Schlagzeuger Andreas Eriksson ist ähnlich wie Stoffels fasziniert von Zukunftsvisionen und von der seltsamen Gabe einiger Designer Werke zu entwerfen, die die Zukunft vorherzusagen scheinen. Über zehn Jahre lang suchte Eriksson auf dem Sekundärmarkt nach elektrischen Ansammlungen von Objekten aus dem 19. und 20. Jahrhundert, die „Erfindungen entweder in Form oder Technik mit hochqualitativer Produktion vereinen“. Kürzlich verkaufte er einen Anteil seiner beträchtlichen Privatsammlung an Stühlen, darunter ikonische Exemplare, welche ebendiese Eigenschaften aufwiesen und eine Spanne von Jugendstil bis Postmodernismus umfassten. 

„Es gibt so viele tolle Sachen“, meint Eriksson, als wir ihn nach seinen Wunschdesigns fragen. „Ich würde aber sagen, dass Marcel Breuer und Josef Hoffmann über alle Qualitäten verfügen, die ich schätze.“ Die Stahlrohr Stühle von Breuer findet er besonders gut. „Die Vorstellungskraft zu haben beim Betrachten eines Fahrrads an einen Stuhl zu denken… Breuer war ein Wegbereiter mit unermesslichem Einfluss. Seine Entwürfe sind für immer.“ 

Therapeutisches Nashorn Spielzeug von Renate Miller (1969) Photo © R & Company
Ulla Jahn von func.

Ulla Jahn, die Gründerin des Vintage Ladens func. in Hamburg, sammelt und verkauft seit beinahe einer Dekade industrielle und moderne Stücke. Sie hat eine Vorliebe für zahlreiche seltene Klassiker entwickelt. „Manche Leute mögen glauben, dass ich mir zu Weihnachten teuren Schmuck wünsche, weil ich eine Frau bin“, scherzt sie. „Es heißt im Englischen: diamonds are a girl’s best friend (dt.: Diamanten sind des Mädchens bester Freund) – sie sollten aber nicht die einzigen sein.“

Die Wunschliste von Jahn beinhaltet zahlreiche ausgefallene Designstücke, die einem im Alltag selten begegnen. „Eines meiner Lieblingsgeschenke, war ein Nashorn“, sagt sie und fügt hinzu: „Es war ein Spielzeug-Nashorn der ostdeutschen Designerin Renate Müller , um genau zu sein.“ Die New Yorker Galerie R & Company zeigt seit Jahren Müllers therapeutische Spielzeuge der 1960er Jahre und trug zur Neuentdeckung der Designerin bei. 2010 wurde Müller eingeladen, in der bahnbrechenden Ausstellung Century of the Child im MoMA auszustellen. „Heute“, so Jahn, „produziert Müller nur noch ein paar Tiere pro Jahr, komplett in Handarbeit. Aber ein altes, abgenutztes Original zu finden, mit dem gespielt und das geliebt wurde, ist ein sehr besonderes Geschenk.“

Jahn ergänzt: „Wenn ich etwas größer denke, wären weitere Traumgeschenke Poul Kjærholms wandmontierte PK 26 Sitzbank, die 1956 für das Rathaus in Fredericia in Dänemark entworfen wurde. Oder ein seltenes Stück von Alexander Girard.” Girard kennt man als den Freund von Charles und Ray Eames, der in der Nachkriegszeit die Textilabteilung bei Herman Miller leitete. Laut Jahn sind viele Leute mit Girards Stoffdesigns vertraut, weniger aber mit seinen Möbelentwürfen für die Aufenthaltsräume von Braniff International Airways. Die Kollektion wurde von 1967 Herman Miller veröffentlicht und nur zwei Jahre produziert. Womöglich lag dies daran, dass die Stücke für ein breiteres Publikum zu teuer waren. Betrachtet man jedoch die niedrige, aerodynamische Gestalt des Stuhls oder des Drei-Sitzer Sofas, fühlt man sich sofort in die Ära der Jetsetter und betuchten Bürger versetzt, die auf ihren Flug zur Copacabana, nach Biarritz oder Capri wartend Cocktails schlürfen.“

Diese Stücke sind in der Tat Seltenheiten. Jahn glaubt aber, dass Schenken ausgefallen sein muss. „Wenn jemand nach einem unvergesslichem Geschenk sucht, dann muss er solange suchen, bis er etwas findet. Das ‚Ungewöhnliche“ ist der ultimative moderne Luxus.“

Links: Modell 66310 Lounge Chairs designt von Alexander Girard und produziert von Herman Miller für Braniff Airlines (ca. 1968); Fhoto © Wright / Rechts: PK-26 von Poul Kjærholm für E. Kold Christensen (ca. 1956); Fhoto © Phillips

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