Max Lambs Crockery Kollektion für 1882 Ltd erfindet die Porzellanproduktion neu


Der Meister des Handwerks

Von Erin Johnson

Als die Johnson Brüder ihre namensgebende Keramikmanufaktur im Jahr 1882 eröffneten, sehnte sich die britische Öffentlichkeit nach erschwinglichen, gut designten Produkten. William Morris, Begründer der Arts & Crafts Bewegung, formulierte diesen Wunsch einst so : „von dem Volk für das Volk“. Johnson Brothers reagierte auf die Bedürfnisse des Volkes, woraufhin das Unternehmen, mit Sitz in Stoke-on-Trent (auch bekannt als The Potteries), schnell heranwuchs.

Auch nach 130 Jahren besteht noch immer das Bedürfnis nach erschwinglichen, gut designten Produkten. Ebenso besteht auch das Unternehmen der Johnson Brüder weiter, das jetzt den Namen 1882 Ltd trägt und sich im Besitz von Vater und Tochter Christopher und Emily Johnson befindet. „Unser Ziel ist es zukunftsorientiert zu arbeiten und dabei die Geschichte im Hinterkopf zu behalten“, so Emily Johnson. „Wir vereinen Handwerk und Geschicklichkeit mit innovativen Designs von heute.“

Deutlich wird diese Vereinigung in der durch das Unternehmen hergestellten Crockery Kollektion,  die von dem britischen Designstar Max Lamb von Hand gefertigt wurde. „Ein sehr starkes Material mit einer wunderschönen Durchsichtigkeit“ so Johnson. „Wir lieben seine Verwertbarkeit. Max verlieh dem Porzellan innewohnenden Eigenschaften durch überraschende, einzigartige Formgebung, Ausdruck.“ Als Johnson Lamb das erste Mal mit dem Design der Crockery Kollektion beauftragte, fiel ihr Auftrag sehr offen aus. „Ich fragte ihn lediglich nach seiner Interpretation des Materials“, erinnert sie sich. „Bei dem Ansatz von Max dreht sich alles um die Materialität und um den Prozess. Wir wussten, er würde etwas Fantastisches kreieren.“

Die Produkte aus feinstem Porzellan von 1882 Ltd werden mit dem Schlickergussverfahren hergestellt, bei dem üblicherweise die Entwurfsskizze des Designers als Vorlage dient und durch einen Modellierer in eine dreidimensionale Gipsform umgewandelt wird. Als aber Lamb die Manufakturen betrat, merkte er schnell, dass er selbst dazu fähig war als Designer und Modellierer zu agieren. Anstatt die Formen der Stücke zuerst als Entwurf auf Papier zu bringen, arbeitete er direkt an einem massiven Gipsblock und meißelte die Konturen in das Material hinein.

Dies dürfte Lamb Fans nicht überraschen. Handwerkliches Können spielte in seinen Arbeiten schon immer eine entscheidende Rolle. Die praxisnahe Arbeitsweise von Lamb—insbesondere seine Materialverarbeitung—geht untrennbar mit dem Ergebnis einher: Das Material gibt die für sie bestimmte Herangehensweise vor, durch die allein eine endgültige Form entsteht.

Im Falle des Schlickergussverfahrens, wird die Gipsform (bzw. das „Mutterstück“) für die Herstellung der Gussformen der Produkte verwendet, die normalerweise aus zwei oder drei Teilen bestehen, damit sie leicht abgenommen werden können. In diese Gussformen wird liquidiertes feinstes Porzellan (bzw. „Schlicker“) gegossen. Sind die Formen gefüllt, werden sie gedreht und geklopft, damit eingeschlossene Luft entweichen kann. Während die Gipsform Wasser aus dem Schlicker aufsaugt, entsteht eine Schicht Lehm, die die genaue Gestalt der Form annimmt. Das Objekt wird der Form entnommen und per Hand fertiggestellt (um Gussgrate zu entfernen) und anschließend dem Trocknen überlassen. Im nächsten Schritt erfolgt der Glühbrand und, im Falle der Crockery, das Anbringen der Glasur an der Innenseite. Die Außenseite, so Johnson, wird in seinem natürlichen Zustand als Bisquitporzellan belassen, um „dem Material treu zu bleiben.“

Bevor er mit der Ausarbeitung seines Mutterstückes begann, musste Lamb die Abstufungen des feinen Porzellans kennenlernen. Ebenso musste er sich mit dem Schlickergussverfahren vertraut machen und es in seine Entwürfe einbeziehen. Das alles war Teil seiner Bestrebung, so Johnson, „das Material ehrlich zu verwenden und das Verfahren transparent zu gestalten und beiden eine eigene Stimme zu verleihen, anstatt ihnen seine persönliche Ästhetik aufzudrängen.“

Die resultierende “Stimme” zeigt sich in einer brillanten Sammlung von starkem weißem Porzellan—von Tassen bis Krügen, von Schalen über Vasen—so zeitgenössisch wie elementar. Erst als ich die Stücke in eigenen Händen hielt, verstand ich, welch außergewöhnliche Gemeinschaftsleistung die Crockery Kollektion darstellt.  

Einerseits gibt es Lamb mit seiner einzigartigen Sensibilität und seinem prozessorientiertem Ansatz. Andererseits gibt es 1882 Ltd mit seinem anspruchsvollen Ziel und seinem reichem Erbe. Als ich diese Stücke in meinen Händen hielt, so zart und doch so stark, schienen sie  eine Gediegenheit an Form, Entwurf und Zweck auszustrahlen. Und als ich ihre Preisschilder sah, wusste ich, dass sie auch für mich, den bescheidenen Schriftsteller, hergestellt wurden.

Max Lamb's Crockery collection for 1882 Ltd Courtesy of 1882 Ltd

  • Text by

    • Erin Johnson

      Erin Johnson

      Erin is President and Founder of the New York-based DADOS, a consulting firm dedicated to research and curatorial strategy for design dealers and collectors. She also teaches at New York School of Interior Design and contributes to Object-Based.

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