Ein Retro-Hotel würdigt eine Generation dänischer Designer


Raum für Raum

Von Clara Le Fort

Im Herzen Kopenhagens, nur wenige Schritte vom Rathausplatz und nur einen fünf-Minuten-Spaziergang vom Tivoli Vergnügungspark entfernt, steht das Hotel Alexandra, ein einzigartiges Juwel in einer Stadt, die reich an Designgeschichte ist. Jedes der 61 Zimmer des Hotels ist dänischem Design gewidmet und feiert dieses durch die Verwendung von Möbeln und Kunst aus den 1930er bis 1960er Jahren – mit spezieller Vorliebe für die 50er und 60er. Die Hotelbesucher finden sich hier vollständig in der Welt des dänischen Modernismus wieder. Einige der Zimmer im Hotel Alexandra sind mit den Arbeiten verschiedenster Designer ausgestattet, andere hingegen sind ausschließlich einer ausgewählten dänischen Designikone gewidmet, so zum Beispiel die Finn Juhl oder Verner Panton Suite oder die Deluxe Räume mit Einrichtung von Hans Wegner oder Arne Jacobsen.

Der Bau des Hotels lässt sich zurück in die 1880er Jahre datieren, als es ursprünglich als schickes Appartementhaus geplant war. Mit dem Übergang ins 20. Jahrhundert wurde es zu einem Hotel umgebaut. Jedoch dauerte es noch bis ins Jahr 2001, ehe der Geschäftsführer Jeppe Muhlhausen das besagte Konzept entwickelte und gleichzeitig das Designerbe der Nation zu würdigen verstand. 

„Ich wollte, dass jeder Raum zu einer Hommage an unsere strahlendsten Designer wird und unseren Gästen die Möglichkeit bietet, in Räumen zu übernachten, die ausschließlich mit Vintage Designs und Sammlerobjekten ausgestattet sind: Hans Wegner, Finn JuhlArne Jacobsen, Børge Mogensen, Nanna Ditzel, Verner Panton... wir hatten sie alle auf unserer Liste!“

Muhlhausen und sein Team begannen zunächst damit günstige Stücke zusammenzutragen, da zu jener Zeit die Nachfrage nach skandinavischem Design  noch nicht so groß war. Das änderte sich jedoch ab circa 2004/2005 schlagartig, als die Preise zu explodieren begannen. Diese Veränderung am Markt führte aber auch dazu, dass sich dem Hotel einmalige Gelegenheiten boten. „Wir erhielten anonyme Anrufe von Dänen, die uns ihre Klassiker verkaufen wollten.“ Eines Tages erhielt er sogar einen Anruf von Hanne Wilhelm Hansen, Finn Juhls Witwe, die dem Hotel ihr Bett anbot: „Sie sagte: 'Wir schliefen unsere Ehe hindurch in diesem Bett. Vielleicht finden Sie in ihrem Hotel dafür Verwendung!?'“ Das Bett war daraufhin mehrere Jahre Teil der Hoteleinrichtung, bevor es zurück in das Finn Juhl's house im Norden Kopenhagens gelang, welches 2008 als Teil des Ordrupgaard Museums der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.

Die Einrichtung des Alexandra wird permanent um neue Fundstücke erweitert. Muhlhausen führte uns zu seinen sechs Lieblings-Design-Highlights in dem Hotel:

Finn Juhl

Finn Juhl war wohl zu avantgardistisch, um als Universitätsprofessor unterrichten zu dürfen, daher arbeitete er in der ersten Dekade seiner Karriere für den berühmten dänischen Architekten des Modernismus Vilhelm Lauritzen und half diesem dabei, das ikonische Radiohuset in Kopenhagen zu entwerfen. Man nimmt an, dass Juhl im Zuge dieses Projektes auch die Crown Lamp entwarf, die sich in der Lobby des Hotel Alexandra wiederfinden lässt. In Erklärung seines Anspruchs an Design sagte der legendäre Juhl 1952 einmal, dass selbst ein Stuhl nicht einfach nur ein Objekt in einem Raum ist, „er ist ein Design und ein Raum in sich selbst.“

Entrance to the Hotel Alexandra © Søren Solkær; courtesy of Hotel Alexandra
Arne Jacobsen

Eine interessante Geschichte über Arne Jacobsen – und zudem eine, die nicht den Egg oder Swan Chair betrifft, mit denen der Hotelraum zu seinen Ehren ausgestattet wurde – besagt, dass er und seine Frau Jonna als Juden im Zweiten Weltkrieg Dänemark verlassen mussten und als Flüchtlinge Zuflucht in Schweden fanden. Dort arbeitete das Paar an Textil- und Tapetenentwürfen, die auf Jacobsens Studien der schwedischen Flora basierten, welche er zu den unterschiedlichen Jahreszeiten mit Wasserfarben anfertigte. Die Vorhänge im Arne Jacobsen Raum des Hotel Alexandra stammen aus dieser großartigen Serie.

Ich wollte, dass jeder Raum zu einer Hommage an unsere strahlendsten Designer wird. Børge Mogensen

Während seine Zeitgenossen von Handwerkskunst nahezu besessen waren, wollte Mogensen Möbel für Menschen schaffen und industrielle Herstellungsprozesse vorantreiben. In diesem Sinne galt er durchaus als Visionär, als er forderte, dass Design für jeden erschwinglich und verfügbar sein sollte. Ironischerweise finden sich seine Sofas und Stühle Jahre später heutzutage in Ministerien und dänischen Botschaften rund um den Globus wieder. Zwei seiner 1963 Wing Chairs finden sich auf beiden Seiten der Lobby des Hotel Alexandra wieder. Man kann sich mit dem ganzen Körper in die Sessel fallen lassen, während die Lehnen einem vom Lärm der Welt abschirmen und es einem ermöglichen, sich in Frieden zu entspannen oder etwas zu lesen. Im Mogensen Raum finden sich zudem weitere Exemplare der Couch aus der gleichen Kollektion.

Verner Panton

Im Laufe seiner Karriere befasste sich Verner Panton leidenschaftlich damit, auf welche unterschiedlichen Arten wir Räume interpretieren und speziell damit, welche bedeutende Rolle Licht in einem Raum für uns spielt. Dieses Konzept reichte von physikalischem Licht (so wie bei seiner 1960er Moon Lamp oder den Ball Lamps aus den 1970er Jahren, die auch im Hotel Alexandra verbaut sind) bis zu seinem Gebrauch von Farbe (die zwei Räume, aus denen die Suite besteht, die seinen Namen trägt, sind in tiefem Blau und lebendigem Orange gehalten) sowie neuen Materialien (die er überall einbrachte; sei es beispielsweise in kinetischen Tapeten oder einzigartigen Fußbodenbelägen).

Hans J. Wegner

Wegner war ein wahrer Handwerksmeister und immer darauf versessen, aktiver Teil des Herstellungsprozesses zu sein. Über die Jahre schuf er einige der bekanntesten und nachhaltigsten dänischen Möbelentwürfe. Selbst winzigsten Lebensräumen gegenüber begegnete er noch mit Respekt und Aufmerksamkeit und entwickelte sogar ein Wandbett, welches in den ersten Studentenwohnungen Platz fand. Eines dieser legendären Stücke findet sich auch in der Hans J. Wegner Suite wieder. In den Vereinigten Staaten ebneten die Arbeiten Wegners die erfolgreiche Ankunft von dänischem Modernismus als Designtrend. Sein Round Chair aus dem Jahr 1949, der auch einfach als “The Chair” bekannt wurde, wurde von John F. Kennedy und Richard Nixon 1960 in der ersten jemals ausgestrahlten TV-Debatte zweier Präsidentschaftskandidaten verwendet.

Nanna Ditzel

Im Laufe ihrer Karriere, die sich über mehr als fünf Jahrzehnte erstreckte, entwarf Ditzel von Möbeln über Textilien und Tafelgeschirr bis hin zu Schmuck aus breitgefächerten Materialien so ziemlich alles. Ihr klar definierter und dennoch kurvenreicher Ring Chair von 1958, welcher später als Sausage Chair neu aufgelegt wurde, vereint in sich den Geist und die Ästhetik dieses so goldenen Zeitalters des dänischen Modernismus. Einige von Ditzels originalen Ring Chairs darf glücklicherweise das Hotel Alexandra sein Eigen nennen.

 

Für zusätzliche Informationen zu dieser wirklich einzigartigen Tour durch die modernistische Designgeschichte, besuchen Sie bitte www.hotelalexandra.dk

  • Text von

    • Clara Le Fort

      Clara Le Fort

      Clara tracks trends and new ventures wherever she goes. A regular contributor to Numéro, Wallpaper, and Departures, and author of a handful of Louis Vuitton City Guides, she’s also a consultant for a variety of Parisian Maisons.