Ein Besuch bei Katrin Greiling


Das ist Berlin: Teil 7

Von Anna Carnick

Über die letzten Monate haben wir herausragende Talente im Interview getroffen, die die zeitgenössische Design Ästhetik Berlins gestalten. In dieser Ausgabe verrät uns Wahlberlinerin und preisgekrönte Designerin Katrin Greiling ihren Eindruck der Hauptstadt.

Katrin Greiling ist in Regensburg geboren, in München aufgewachsen und in Schweden zur Schule gegangen. Als selbsternannte Abenteuerlustige erkundete sie die Welt und war somit schon in Kairo, Shanghai und Istanbul, wo sie für Kunden Aufträge annahm. Nach einer dreijährigen Arbeitsphase in Dubai und einem Jahr in Stockholm, kam sie 2013 nach Berlin. Das internationale Flair der Hauptstadt und die Lage im Zentrum Europas zogen die junge Designerin damals an.

Als erfolgreiche Möbeldesignerin, Innenarchitektin und Fotografin, vereint Greiling in ihren Werken globale Orientierung mit funktionaler Ästhetik. Für die Design Bar und VIP Lounge auf der Stockholm Möbelmesse 2011 gestaltete sie 320 Quadratmeter in einem eklektischen Design. Als Inspiration dienten ihre Reisen innerhalb Europas und im Nahen Osten. Ihre preisgekrönte Bidoun Sofa Serie (2009), die sie für die in Dubai ansässige Marke Traffic entwarf, erinnert an Möbel des Nomadenvolkes der Beduinen und war einigen Meinungen zufolge das erste zeitgenössische Möbeldesign, das aus den Vereinigten Arabischen Emiraten kam.

Greiling empfindet die Design Community Berlins als noch weitgehend undefiniert. „Ich komme aus Stockholm und anders als dort treffen sich Designer in Berlin tendenziell eher nicht. Das hat mich sehr überrascht. Es scheint, als arbeite hauptsächlich jeder für sich. Einen Austausch zwischen Kollegen gibt es kaum.“ Und weiter: „Ich glaube, vieles [davon] hängt mit den Auswirkungen des [Zweiten Weltkriegs] auf Deutschland und der Dezentralisierung verschiedener Organe zusammen…Design geht immer mit Herstellung einher. Solche Orte der Produktion sind im Laufe der Geschichte in den Westen Deutschlands gezogen. Es gibt ein paar Hersteller in Berlin und einige Anlagen für die Erzeugung von Prototypen. Massenproduktion, der eigentliche Zweck von Design, ist aber nur im Westen Deutschlands anzutreffen. Sobald wir in und um Berlin mehr Fertigungsindustrie haben, wird meiner Meinung nach auch eine offenere und stärkere Designszene entstehen.“

Wir sprechen auch über die Bauhaus-Tradition und welche Bedeutung diese für Designer von heute hat. Dazu meint Greiling: “Wenn es um die Designszene geht, hat Deutschland eine schwierige Rolle. Man kann Ähnlichkeiten mit Dänemark erkennen, [das auch ein] starkes Design-Erbe hat. Die Dänen hatten ihren Finn JuhlsBørge Mogensens und Arne Jacobsens, worauf sie sehr stolz sein können. Allerdings bedeutet dieses Erbe auch, dass eine Weiterentwicklung sehr schwierig wird. Durch den Zweiten Weltkrieg endete das Bauhaus außerdem sehr plötzlich. Ich glaube das ist der Grund dafür, dass Deutschland Mühe hat, seinen Platz auf der Landkarte des internationalen Designs einzunehmen. Natürlich gibt es ein paar Ausnahmen von Designern, die in Deutschland angesiedelt sind. Deutschland als Design-Destination hat aber noch einen weiten Weg vor sich.“

Zum Glück aber scheint keines dieser beiden Probleme Greiling selbst in ihrer Arbeit zu hindern. Diesen Monat bringt sie eine limitierte Design-Auflage in der deutschen Zeitschrift Form heraus. Im nächsten Monat wird ihre Arbeit auf der Stockholm Design Week zu sehen sein. Im April kuratiert sie eine Ausstellung, die aufstrebende norwegische Designer zeigt.

Greiling steht Berlins Zukunft auf dem Gebiet Design sehr positiv gegenüber. „Berlin zieht ein internationales Publikum an und wir haben ein paar Vertreter international etablierter Designer mit Sitz in der Hauptstadt, [wie] Hella Jongerius und Konstantin Grcic. Der Immobilienmarkt Berlins hat sich enorm verändert. Einst preisgünstige Räumlichkeiten sind heute nur schwer zu bekommen. Dies wirkt sich für viele negativ aus und ändert auch die Infrastruktur der Stadt. Für unsere Industrie hat das aber einige positive Effekte. Ich glaube nämlich, dass steigende Grundstückspreise das Bewusstsein für unsere Lebensweise fördern, was wir konsumieren und was uns umgibt. Ich bin davon überzeugt, dass Design in Deutschland, vor allem in Berlin, im Kommen ist. Das wird sich sicher auch bald in neuen Design-Redakteuren (bzw. Herstellern), in Publikationen, sowie in Printmedien  widerspiegeln.“

*Diese Story ist Teil einer größeren Reihe über die Talente, die Berlins gegenwärtige Design-Landschaft mitformen. Um mehr über die neue Generation der Designer und ihre Gedanken zu ihrer Wahlheimat zu erfahren, klicken Sie auf die unteren Links.




Das ist Berlin: Ein Gespräch mit Designerin Anna Badur. Lesen Sie hier.










 

 



Das ist Berlin: Ein Gespräch mit Designer Philipp Käfer. Lesen Sie hier.











 

 

Das ist Berlin: Ein Gespräch mit Designerin Elisa Strozyk. Lesen Sie hier.
 












 


Das ist Berlin: Ein Besuch bei Krupka-Stieghan. Lesen Sie hier

 












 

Das ist Berlin: Ein Besuch bei MY KILOS. Lesen Sie hier.

 












 

Das ist Berlin: Die neue Garde des Berliner Designs spricht über eine Stadt im Wandel. Lesen Sie hier
 
  • Text by

    • Anna Carnick

      Anna Carnick

      Als ehemalige Redakteurin bei Assouline, der Aperture Foundation, Graphis und Clear feiert Anna die großen Künstler. Ihre Artikel erschienen in mehreren angesehenen Kunst- und Kulturpublikationen und sie hat mehr als 20 Bücher herausgegeben. Sie ist die Autorin von Design Voices und Nendo: 10/10 und hat eine Leidenschaft für ein gutes Picknick.
  • Photos by

    • Marco Lehmbeck

      Marco Lehmbeck

      Aufgewachsen ist Marco zwischen Seen und Wäldern in der Nähe von Berlin. Er studiert Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim sowie Fotografie in Berlin. Marco ist Organisationsmitglied des Immergut Musikfestivals für Indie- und Poprock, liebt Backpacking, Club Mate und Avocados. Und er trägt immer einen Hut.

Designbegeisterte hier entlang