Im Gespräch mit Muster- und Keramikkünstlerin Dana Bechert


Tradition, die lebt

Von Anna Carnick

„Meine Augen werden immer von Mustern angezogen—auf Textilien, Töpfen, Verpackungen, Bucheinbänden,“ sagt Dana Bechert. „Einfach überall, sogar in geschmolzenem Schnee, Flecken von Sonnenlicht und Sägespänen auf dem Boden.“ Diese Obsession zeigt sich deutlich in den Arbeiten der jungen Künstlerin. Seit wir ihre Keramiken entdeckt haben, sind wir hin und weg von ihrer  unverwechselbaren Art  Muster zu verwenden—insbesondere bei den Stücken, die von Techniken der Ureinwohner Nordamerikas inspiriert wurden.

Berchert studierte Bildhauerei am Maryland Institute College of Art, nach ihrem Abschluss 2012 wurde sie jedoch zu einem Do-It-Yourself Universalgenie, angetrieben von dem Bedürfnis zu kreieren und dabei stets umsichtig und nachhaltig zu arbeiten. Ihre Projekte umfassen Bienenzucht, ökologisches Gärtnern, Quilten und natürlich Keramik.

Ihre charakteristischen Acoma Pueblo-inspirierten Motive entwickelte sie um 2009 herum, nachdem sie die Arbeiten von Leslie Thompson bei einer Austellung des American Craft Councils in Baltimore gesehen hatte. Beeindruckt von den Einkerbungen auf den Porzellangefäßen bat sie Leslie, ihr die Technik des Sgraffito Kratzens auf Schlicker beizubringen, die Thompson ihrerseits von der berühmten zeitgenössischen Acoma Pueblo Töpferin Lucy Lewis gelernt hatte. Mit der Zeit entwickelte Dana ihren eigenen unverwechselbaren Stil, der von ihrer lokalen Umgebung beeinflusst ist. Wir haben Bechert getroffen um mehr über ihre Affinität zu Mustern und Produktionstechniken zu erfahren.

AC: Abgesehen von den Acoma Pueblo Mustern: Wovon lässt Du Dich inspirieren?

DB: Die Muster, die ich benutze, kommen von überall her. Eins meiner Lieblingsmuster, das ich häufig verwende, ist eine Variation des amischen Quiltmusters „tumbling blocks.“ Man findet es auch in japanischen Shibori Textildrucken. Ich „entdeckte“ dieses Muster auf einer getrockneten Fischhaut, die ich in einem Natur-Zeichenkurs untersuchte. Das Muster erstreckte sich über die ungewöhnliche Form des Fisches und war an die Flossen, Augen und andere Merkmale angepasst. Ich verbrachte mehrere Tage damit, zu skizzieren und herauszufinden, wie ich daraus ein sich wiederholdendes Muster machen könnte, mit dem ich die Oberflächen von Textilien und Keramik dekorieren kann.

Eine weitere große Inspiration für mich sind Quilts, vor allem amerikanische Patchwork-Quilts. Ich lebe im ländlichen Pennsylvania, wo es überall Amische gibt. Ich sehe häufig Wäscheleinen, auf denen die Quilts, vor dem Hintergrund bepflanzter Felder, zum Lüften hängen. Ich besitze unzählige Bücher mit Bildern dieser Quilts, die eine Fülle an Inspiration für Muster bieten. Ich habe außerdem einige antike Quilts in Geschäften in meiner Umgebung gefunden. Sie sind atemberaubend schön. Ich habe angefangen eigene Quilts herzustellen um so die Zeit an Tagen, an denen es zu kalt war um im Studio zu arbeiten, zu nutzen. Und natürlich war mein erster Quilt mit meinem Lieblingsfischmuster versehen.  

Inspiration: Fischhaut und amische Tumbling Blocks Quilts
AC: 
Was ist Dein Prozess wenn Du Muster für Deine Keramik designst?

DB: Wenn ich ein Muster designe, fange ich mit einem einfachen Gitter auf dem Gefäß an. Meistens versuche ich, die Quadrate so quadratisch wie möglich zu machen und die Bereiche des Gefäßes nach dem Umfang aufzuteilen. Dann kombiniere ich unterschiedliche Gitter-basierte Muster auf demselben Gefäß. Häufig skizziere ich nicht bevor ich ein Gefäß mache, weswegen manche besser werden als andere. Manche Formen passen einfach nicht zu bestimmten Mustern. Inzwischen benutze ich viele der Muster immer wieder.

In letzter Zeit habe ich vermehrt bildhafte Motive gemacht. Auf Formen, die zu unförmig sind als dass man ein akkurates Gitter in sie kratzen könnte, mache ich das Ganze freihändig und lasse die Bilder einfach zufällig aus meinem Kopf kommen. Das sind dann eher skurrile Bilder wie ein Pferdeschwanz, ein Razor Roller oder ein Gummiband. Auf eine Art repräsentieren sie diesen Moment in der Geschichte, genauso wie Hieroglyphen oder Höhlenmalereien es getan haben. Man sagt, dass die ältesten Relikte der Menschheitsgeschichte Tonscherben sind. Sie halten wirklich lange und mir gefällt die Vorstellung, dass irgendjemand in tausenden von Jahren diese „Zeitkapsel“ ausgraben könnte und ein Haargummi oder Tamagotchi sieht.

Bechert bei der Arbeit in Ihrem Studio
AC: 
Wie hängen Muster und Form zusammen? Hat es Dich jemals überrascht welche Auswirkungen diese beiden Dinge aufeinander haben?

DB: Das Muster hat einen riesigen Einfluss auf die Form. Manche Formen können durch ein besonders gerichtetes Muster unterstrichen werden und manche können durcheinander gebracht werden, wie eine optische Täuschung. Mich ziehen vor allem eckige Formen an, bei denen man die Ebenen des Gefäßes klar unterscheiden kann. Diese werden dann durch Änderungen im Muster noch stärker getrennt. Würde man diese Gefäße in einer durchgängigen Farbe glasieren, dann hätte man nur Schatten oder Farbe um bestimmte Bereiche zu definieren. Das ist dann abhängig von der Beleuchtung und dem Erfolg oder Misslingen der Kombination an Glasuren. Ich habe viel Kontrolle über das Resultat und das Erlebnis, das Betrachter mit meinen Formen haben.

AC: Sowohl mit Deinen Mustern als auch mit Deinem Bezug zum Kunsthandwerk: Siehst Du Dich als Teil einer Tradition?

DB: Was festgehalten werden muss ist, dass Leslie ihr Können an mich weitergegeben hat, dies aber nicht bedeutet, dass ich die einzige bin, die damit arbeitet. Die Acoma Pueblo sind eine sehr aktive Künstler Community, deren Gefäße kunstvoller und geschickter gearbeitet sind als meine es je sein werden. Ich denke, dass ich aus dem Grund, dass ich Dinge weiterhin in Handarbeit herstelle—während es so einfach und günstig geworden ist die gleichen Sachen fabrikgefertigt zu kaufen—Teil einer Tradition handgefertigter Dinge bin. Für mich sind diese Dinge so viel wertvoller und schöner als solche, die ich überall kaufen kann. Auf eine etwas obsessive Art wollte ich immer alles, was ich verwende und besitze, herstellen. Angefangen damit mein eigenes Haus zu bauen, darüber einen Garten anzulegen, in dem mein Essen wächst, bis hin zu Geschirr, Kleidung, Decken, mit Labkraut ausgestopfte Betten und so weiter. Historisch gesehen ist das gar nicht so weit hergeholt; vor wenigen hundert Jahren war das die einzige Möglichkeit in Amerika. Damals hätte eine Vielzahl an Familienmitgliedern nonstop an diesen Projekten gearbeitet. Ich finde diesen hocheffizienten Familienorganismus sehr inspirierend. In gewisser Weise findet man das übrigens noch bei den Amischen. Ich denke, was ich sagen will ist, dass mein Gefühl der Verantwortung traditionelle Kultur zu bewahren viel tiefer reicht, als Gefäße herzustellen. Es ist mein Leben.

* Alle Bilder mit Genehmigung von Dana Bechert. Und wenn Ihnen gefällt, was Sie sehen, folgen Sie ihr auf Instagram!

  • Text von

    • Anna Carnick

      Anna Carnick

      Als ehemalige Redakteurin bei Assouline, der Aperture Foundation, Graphis und Clear feiert Anna die großen Künstler. Ihre Artikel erschienen in mehreren angesehenen Kunst- und Kulturpublikationen und sie hat mehr als 20 Bücher herausgegeben. Sie ist die Autorin von Design Voices und Nendo: 10/10 und hat eine Leidenschaft für ein gutes Picknick.
  • Übersetzung von

    • Annika Hüttmann

      Annika Hüttmann

      Annika ist umgeben von skandinavischem Design zwischen Norddeutschland und Südschweden aufgewachsen. Für ihr Literaturstudium zog sie nach Berlin und entdeckte dort ihre Leidenschaft für deutsche Vasen aus den 1950ern-70ern, von denen sie inzwischen mehr als 70 Stück besitzt.

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