Superstudio

Florence, Italien

Das radikale Designkollektiv Superstudio wurde 1966 in Florenz von den italienischen Architekten Adolfo Natalini (geboren 1941 in Pistoia) und Cristiano Toraldo di Francia (geboren 1941 in Florenz) gegründet und später durch Gian Piero Frassinelli, Alessandro Magris, Roberto Magris und Alessandro Poli ergänzt. Desillusioniert von dem fadenscheinigen Optimismus des Modernismus und der damit verbundenen Konsumherrschaft, schuf Superstudio Fotocollagen, Filme, Ausstellungen und andere Werke, um für ihre Idee eines einfacheren Lebensstils zu werben, der weniger auf Technologie und von Menschen hergestellten Objekten beruht.

Das erste Mal für größere Aufmerksamkeit sorgten Superstudio als sie 1966 zusammen mit der ideologisch ähnlich gesinnten Designgruppe Archizoom – gegründet von Andrea Branzi(geb. 1938), Gilberto Corretti (geb. 1941), Paolo Deganello (geb. 1940) und Massimo Morozzi (1941 – 2014) - an der Anti-Konsum-Ausstellung Superarchitettura in Pistoia teilnahmen. Bei der zweiten Superarchitettura im darauffolgenden Jahr in Modena las sich das Manifest sarkastischerweise wie folgt: „Superarchitektur ist die Architektur der Superproduktion, des Superkonsums, der Superinduktion des Superkonsums, des Superhandels, des Supermanns und des Super Benzins.“

Während Superstudio niemals je selbst architektonische Gebilde schuf, beeinflussten ihre provokativen Ideen und ihre bildliche Sprache – verbreitet durch Publikationen wie Casabella und diversen internationalen Ausstellungen - Generationen von Architekten und Designern, wie dem Pritzker Preis Gewinner Rem Koolhass (geb. 1944) und Zaha Hadid(1950-2016).

1972 wurden Superstudio von dem legendären Architekturkurator Emilio Ambasz (geb. 1943) eingeladen, bei der Italy: The New Domestic Landscape Ausstellung in New Yorks Museum of Modern Art mitzuwirken. Für diese Ära-prägende Ausstellung installierten Superstudio ihr endlos gespiegeltes Microevent/Microenviroment und den begleitenden Kurzfilm Supersuperficie neben den Werken anderer italienischer Visionäre wie 9999, Archizoom, Gar Aulenti, Mario Bellini, Joe Colombo, Gruppo Strum, Ugo La Pietra, Gaetano Pesce, Alberto Rosselli, Ettore Sottsass und Marco Zanuso mit Richard Sapper. Kurz nach dem MoMa Erfolg tourte die Ausstellung Sottsass, Superstudio. Mindscapes von 1973 bis 1975 durch Amerika. Superstudio stellte zudem auf der Venice Biennale 1978 aus.

Superstudio erweiterte den Diskurs zur Architektur um eine Vielzahl mittlerweile ikonischer Designs. The Continuous Monument (1969) ist eine dystopische Vision der Erde, umgeben von einer gitterartigen Superstruktur und eine Warnung vor Überentwicklung und blindem Vertrauen gegenüber technologischen Fortschritts. Andere Projekte, die für sozial bewussteres Design einstanden waren Histograms (1968/69), A Catalogue of Villa (1968/70), The Twelve Ideal Cities (1971), Salvages of Italian Historic Centers (1972) und The Fundamentals Acts: Life, Education, Ceremony, Love, Death (1971/73).

Trotz ihrer Anti-Design-Haltung entwarfen Superstudio eine Handvoll Designobjekte, am stärksten beachtet sicherlich die schonungslos geometrischen, von Laminatgitter bedeckten Quaderna Tables für Zanotta (1970), welche die Goldmedaille der M.I.A. International Exhibition 1971 gewannen. Weitere Objekte sind das SOFO Sofa und die Gherpe Lamp für Poltronova (beide 1968), der Lambda Table (1972) und der Teso Table (1973), beide für Giovannetti. Einige Entwürfe von Superstudio werden noch immer von Centro Studi Poltronova und Zanotta hergestellt. 

Ende der 1970er Jahre lösten sich Superstudio auf. Natalini gründete Natalini Architetti und konzentrierte sich hauptsächlich auf das Entwerfen von Gebäuden in den Niederlanden. Toraldo di Francia arbeitete weiterhin als Designer für Unternehmen wie Anonima Castelli, Breda, Calzolari, Flos, Giovannetti, Pica, Poltronova und Zanotta.

Im 21. Jahrhundert ist das Interesse an Superstudio und anderen radikalen Designern wieder aufgeflammt, was die zahlreichen neuen Ausstellungen beweisen: Superstudio: Life Without Objects am Londoner Design Museum (2003); Environments & Counter Environments an der Graham Foundation in Chicago (2013); Superstudio. The Secret Life of the Continuous Monument an der Biennale Venedig (2014) und Superstudio 50 am MAXXI in Rom (2016) sowie weitere.

 Superstudios Arbeiten finden sich in den Sammlungen diverser internationaler Museen wieder, wie dem Museum of Modern Art (New York), dem Israel Museum (Jerusalem), dem Deutschen Architekturmuseum (Frankfurt) dem Centre Pompidou (Paris) und dem MAXXI (Rom).

 * Bilder mit freundlicher Genehmigung von Centro Studi PoltronovaGraham FoundationMAXXI, und Zanotta